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von Sebastian Bartning


Mythos und Realität zum Thema „Eiweiß“ in unserer täglichen Nahrung

 

 

Welche Mengen sind wirklich erforderlich, ab wann beginnt die Eiweißmast
Der Begriff Eiweiss kann zu Verwechslungen führen, wenn dabei an das Hühnerei gedacht wird. Präziser ist es daher, von Protein zu sprechen. Dieses Wort wird vom dem griechischen Wortstamm proteos abgeleitet, was „Ich bin der Erste“ bedeutet. Neben Kohlenhydraten und Fetten ist Eiweiß der wichtigste Baustoff, ohne den Leben auf diesem Planeten nicht möglich wäre. Daher der Name, und daher bekommt es bei einer ausgewogenen Ernährung auch stets das Hauptaugenmerk.


Aminosäuren
Die kleinsten Teile der Proteine heißen Aminosäuren (AS). Aus nur 20 AS wird die ganze Vielfalt lebender Gewebe hergestellt, indem sie in immer wieder neuer Zusammensetzung auftreten. Viele der Aminosäuren kann der menschliche Organismus selbst synthetisieren, jedoch 8 von ihnen sind essentiell [1], dass heißt, sie müssen mit der Nahrung zugeführt werden. Fehlen sie, kommt es langfristig zu Mangelzuständen.

Alle essentiellen Aminosäuren kommen gemeinsam in jedem tierischem Protein vor (Fleisch, Fisch, Milch, Käse, Eier), nicht jedoch in pflanzlichem Protein. Dort findet man mal diese und mal jene Aminosäuren.

Biologische Wertigkeit
In der Tierzucht von pflanzenfressenden Tieren hat man beobachtet, welche Resultate bestimmte Kombinationen von pflanzlichen Proteinen zu den besten Mastergebnissen führen, da sich gezeigt hatte, dass es zu Aufwertungseffekten kommt, wenn bestimmte Gemüse und Getreide gleichzeitig verfüttert werden. Man gab diesem Aufwertungseffekt Zahlen, die Biologische Wertigkeit genannt wurden. Später entdeckte man dann, dass viele vegetarisch lebende Völker aus ihrer Tradition heraus biologisch hochwertige Kombination bevorzugt haben, und daher ohne tierische Produkte über Jahrhunderte bestehen konnten. Während die Wertigkeit 100 als optimal galt, entdeckte man plötzlich Wertigkeiten von bis zu 138.

Ein bekanntes Beispiel ist das Traditionsmahl aus Mais (Polenta) und Bohnen der Mittelmeerländer. Inzwischen wurde dort der Mais weitgehend als Viehfutter degradiert und an seine Stelle trat Weizen, wodurch die Proteinversorgung der Bevölkerung gelitten hat.


Empfohlene Eiweißmengen
Nach Kriegsende wurde empfohlen, 1 Gramm Protein pro Kilogramm Körpergewicht pro Tag zu verzehren. Diese Werte wurden später mehrfach nach unten korrigiert und liegen heute ganz offiziell gemäß der WHO [2] bei 0,6 g/kg. Viele Autoren geben jedoch gar keine Mengenempfehlungen mehr, da die Qualität entscheidender ist als die Quantität. Diese wird leider oft nicht genügend gewürdigt.

Auch der Turnover [3] wurde erst in den letzten Jahren genauer beobachtet. Der Körper beginnt bei einer reduzierten Aufnahme von Proteinen sparsamer mit seiner Ausscheidung zu werden, sowie Proteine aus Kohlenhydraten und Fetten zu synthetisieren. Täte er das nicht, wäre Fasten physiologisch unmöglich.


Überschusskrankheiten
Da tierische Proteine fast immer zubereitet werden verändern sich auch die inneren Strukturen, sie werden denaturiert oder erheblich verändert. Die Folge ist eine erhebliche Wertminderung der Aminosäuren. Veränderte Proteine schlagen sich im Körper in der Stickstoffbilanz [4] ebenso negativ nieder, wie andere Proteine, ohne jedoch bioverfügbar [5] zu sein. Die Folge ist eine erhebliche Zunahme an Eiweißspeicherkrankheiten wie Arteriosklerose, Hypertonie, Allergien, Diabetes, Gicht, Rheuma und Übergewicht.

Da tierische Proteine zusätzlich eine höhere Dichte an Purinen [6] haben, kommt es zu einem stärkeren Anstieg an Harnsäure im Blut als bei pflanzlichen Proteinen. Die Folge ist eine Gewebsazidose [7], wenn die Ausscheidungskapazitäten des Organismus über längere Zeit überfordert worden sind. Gewebsazidose ist zum Krankheitsförderer und Heilungshemmer Nr. 1 des zivilisierten Menschen geworden. „Unzivilisierte“ Völker haben in der Regel keine Gewebsazidose. Krebs entsteht nur im sauren Milieu.


Vergleich verschiedener Lebensmittel
Die Proteingehalt von Fleisch, Fisch, Käse etc. wird meist überschätzt. Fleisch und Fisch enthalten 12%, Milch 4%, Käse 12 bis 30%, Nüsse 10 bis 20% Getreide 12%, Quinoa 16%, Hülsenfrüchte 20%. Die Sojabohne ist mit 35% der Spitzenreiter. Tofu (= Sojafleisch) ist stark verarbeitet und enthält dadurch sogar 70 bis 90% Protein.


Zusammenfassung

Aus folgenden Gründen ist pflanzlichen Proteinen gegenüber tierischen Proteinen der Vorzug zu geben:

  • geringerer Puringehalt, weniger Säurezufuhr, weniger Gewebsazidose

  • Basenzufuhr infolge des Mineralstoffgehalts von Pflanzen [8] und damit Säurepufferung

  • günstigere Stickstoffbilanz

  • keine bis weniger Verarbeitung und damit weniger Denaturierung

  • schnellere Darmpassage infolge Faserstoffgehalt

  • weniger Blähungen infolge kürzerer Darmpassage

  • geringerer Preis, wobei der Fleisch- und Milchpreis überwiegend über Steuergelder bezahlt wird (Subvention)

  • geringerer Primäraufwand [9]

  • schont die Umwelt

  • gesünderer Mensch


Ökobilanz
2/3 der Weltbevölkerung lebt als Vegetarier [10]. Gleichzeitig werden in den Ländern der „3. Welt“ die Futtermittel der „1. Welt“ produziert, um den Fleischhunger der Reichen zu befriedigen. Damit fördert unser hoher Fleischkonsum gleichzeitig den Hunger der „3. Welt“, da die Böden dort nicht zur Produktion der eigenen Nahrungsmittel eingesetzt werden können.
 


 

[1]

 

Hinzu kommen 2 semi-essentielle AS; semi = halb

[2]

 

Weltgesundheitsorganisation

[3]

 

Turnover = Umsatz. Dieser Begriff wurde vor wenigen Jahren zur Beschreibung der Sparmaßnahmen des Körpers eingeführt.

[4]

 

Stickstoff (chem. = N) ist ein entscheidender Teil der Proteine. Sie werden entweder in den Organismus eingebaut, oder müssen unter hohem Aufwand ausgeschieden werden. Alle Proteine haben Stickstoff!

[5]

 

bioverfügbar = die dem Organismus nach der Resorption tatsächlich zur Verfügung stehenden Stoffe.

[6]

 

Purine sind Bestandteile der DNS, der Erbsubstanz in den Zellen.

[7]

 

Gewebsazidose = Übersäuerung des Bindegewebes

[8]

 

Der Mineralstoffgehalt variiert erheblich. Normal angebautes Getreide und Gemüse hat infolge der ausgelaugten Böden erheblich weniger Mineralien, insbesondere Magnesium

[9]

 

Füttert man Tiere mit pflanzlichen Proteinen, um sie zu mästen, ist der 6- bis 10-fache Proteinaufwand erforderlich. Hinzu kommt der entsprechend höhere Energieaufwand für Tierhaltung und Futtergewinnung.

[10]

 

Zahl geschätzt und ohne Rücksicht auf die unterschiedlichen Formen des Vegetarismus.