Einführung in die Medizin

 

Der Begriff Medizin:

  1. umgangssprachlich für Medikamente und Arzneimittel
  2. die Wissenschaft
    • vom gesunden und vom kranken Menschen
    • von den Ursachen, Wirkungen und der Vorbeugung
    • von der Heilung von Krankheiten

 

Die Begriffe Anatomie und Pathologie:

  1. Anatomie
    • die Lehre vom gesunden Körper
    • Präparierkurs für Studenten
  2. Pathologie
    • die Lehre vom kranken Körper
    • rechtsmedizinische Sezierung zur Feststellung von Todesursachen

 

Zum Begriff Anatomie

Anatomie ist die wissenschaftliche Lehre vom Aufbau und der Struktur des menschlichen Körpers sowie seiner Organe, Gewebe und Zellen.

 

ana = auf, tomos = schneiden:

  • aus dem Griechischen anatemnein = zergliedern, auseinanderschneiden

 

So wie der Schneider aus Stoffstücken ein Kleid zusammensetzt, bemüht sich die Medizin, das anatomisch Zergliederte wieder als Ganzes zu betrachten. Ziel ist es, die isolierten Erkenntnisse in einem ganzheitlichen Zusammenhang zu integrieren und zu verstehen.

 

Dabei geht es nicht nur darum, die einzelnen Strukturen zu erkennen, sondern auch um das Erfassen ihrer Funktionen und Wechselwirkungen.

 

  • Was ist, beschreibt die Anatomie
  • Wie es ist, erklärt die Physiologie

 

Ebenen, Richtungen, Entwicklungen

… und ihre medizinische Nomenklatur

Die wichtigsten Ansichts- und Lagebezeichnungen sind

  • anterior = von vorne
  • posterior = von hinten
  • Frontalebene = Mittelebene
  • Sagittalebene = Mittellinie
  • Transversalebene = Mittellinie

 

Die wichtigsten Richtungsbezeichnungen sind

  • kranial = kopfwärts, nach oben gerichtet ⬆️
  • kaudal = schwanzwärts, nach unten gerichtet ⬇️
  • ventral = bauchwärts, nach vorne gerichtet ➡️
  • dorsal = rückenwärts, nach hinten gerichtet ⬅️
  • lateral = seitwärts gerichtet ⬅️➡️
  • medial = zur Mitte gerichtet

 

Gliederung der Anatomie

  • gemäß ihren Bausteinen
    • Lehre der Zellen, Gewebe und Organe, Zytologie, Histologie, Organanatomie
  • gemäß ihrer Lage
    • Organanatomie, topographische Anatomie
  • gemäß ihrer Entwicklung
    • Abstammung, Embryologie, Keimblätter

 

 

Keimblätter

Embryonale Keimblätter sind die ersten Zellverbände, welche sich sehr früh im Embryo bilden und zur Grundlage für alle Gewebe und Organe des Körpers werden. Sie entstehen um den 21. Tag nach der Befruchtung und differenzieren sich anschließend zu Zelltypen, sowie Strukturen wie Nervensystem, Muskulatur und Organen.

 

Drei embryonale Keimblätter

  • das Ektoderm, aus dem sich Teile der Sinnesorgane, das Zentrale Nervensystem (ZNS) und Teile der Oberflächen wie Haut und Schleimhäute entwickeln
  • das Entoderm, aus dem sich Teile der Verdauungsorgane, Harnwege, Schilddrüse und ebenfalls Schleimhäute entwickeln
  • das Mesoderm, aus dem sich Skelett, Muskeln, Herz und Gefäße, die Milz und das Bindegewebe entwickeln.

 

 

Nomenklatur und Medizingeschichte

Die heutige medizinische Nomenklatur hat ihre Wurzeln in der Antike, im Römischen Reich und im Mittelalter. Daher sind viele Bezeichnungen griechischen Ursprungs und wurden später mit lateinischen Begriffen überlagert. Zahllose anatomische Darstellungen wurden erschaffen. Berühmt ist Leonardo da Vincis Skizze von der Geometrie des Menschen, Das Jüngste Gericht ist eine wunderbare anatomische Fundgrube.

 

Nicht immer durfte die Anatomie so liberal und klar dargestellt werden wie heute. Der Mensch als Ebenbild Gottes durfte nicht eröffnet werden. Mediziner mussten in vergangenen Jahrhunderten mit Leichnamen von Hingerichteten vorliebnehmen, da diese den kirchlichen Schutz verwirkt hatten. Ärzte riskierten ihr Leben für anatomische Studien, die als Gotteslästerung angesehen wurden.

 

Seit der Mitte des 20. Jahrhunderts halten immer mehr englische Begriffe Einzug in die medizinische Fachsprache, da sich Englisch als neue internationale Wissenschaftssprache etabliert hat.

 

Auch zahlreiche lateinische Begriffe wurden im Laufe der Zeit ins Deutsche übernommen und angepasst, wie beispielsweise „Muskel“ von „musculus“ oder „Arterie“ von „arteria“.

 

Diese sprachlichen Veränderungen erleichtern den internationalen Austausch von medizinischem Wissen und fördern die Zusammenarbeit zwischen Forschenden weltweit. Gleichzeitig stellt die zunehmende Verwendung englischer Fachausdrücke für deutschsprachige Heilkundige eine Herausforderung dar, da sie sich ständig an neue Terminologien gewöhnen müssen. Die Integration fremdsprachiger Begriffe spiegelt den dynamischen Wandel der Medizin wider und zeigt, wie eng Sprache und wissenschaftlicher Fortschritt miteinander verbunden sind.

Der medizinische Wissensstand in der Bevölkerung und damit auch bei den Klienten nimmt seit Jahren enorm zu.

 

Ebenso die Bereitschaft, Fachausdrücke zu akzeptieren und anzuwenden. Druckwerke, Google, YouTube-Erklärvideos und KI-Tools ermöglichen es fast jedem, sich vor dem Besuch beim Therapeuten großes Wissen anzueignen und detailliert nachzufragen.

 

Klienten kommen mit profundem Vorwissen, aber auch medizinischen Spekulationen, in die Behandlung. Umso wichtiger ist es, ihre Informationen und Selbstdiagnosen sorgfältig zu prüfen und gemeinsam fundierte Entscheidungen zu treffen.

 

Der Mensch als Mängelwesen

Je komplexer ein Organismus sich entwickelt, desto anfälliger wird er für Schäden. Der Mensch musste und muss obendrein den Übergang vom Vierfüßler zum aufrechten Gang bewältigen.

 

Obwohl er nun bereits seit vier Millionen Jahren aufrecht geht, sind viele anatomische Strukturen noch immer nicht optimal darauf angepasst. Das führt zu typischen Verschleißkrankheiten und damit einhergehenden Beschwerden im Bewegungsapparat.

 

Klassiker sind Rückenschmerzen und Bandscheibenvorfälle. Die Bandscheiben wirken in der Wirbelsäule als Stoßdämpfer. Durch Verschleiß und Fehlbelastung kann es, insbesondere im Lendenbereich, zum Vorfall kommen, bei dem Teile der Bandscheibe auf das Rückenmark drücken und Schmerzen oder Lähmungen verursachen.

 

Auch der Sehapparat könnte besser sein. Nicht nur, dass die Augen eine sparsam ausgebildete Optik besitzen, sorgt obendrein der blinde Fleck für eingeschränktes Sehvermögen. Was dem Auge an Informationen fehlt, ergänzt das Gehirn auf erstaunliche und auch eigenwillige Weise.

 

Die Medizin der Gegenwart bietet ein enormes Potential auf, um dieses Mängelwesen zu verbessern. Endoprothetik, Orthetik und Exoprothetik sind prominente Beispiele.

 

 

Definition des Lebens

Alle Lebewesen müssen die vier Anforderungen erfüllen, um als Lebewesen definiert werden zu dürfen. Dies gilt für Bakterien, Einzeller, Pilze, Pflanzen, Tiere und natürlich auch den Menschen.

 

Die Kriterien sind

  • Eigener Stoffwechsel = Metabolismus: Aufnahme von Nährstoffen
  • Erregbarkeit = Informationsaufnahme und Interpretation der Informationen mit der Möglichkeit der
    • Kommunikation innerhalb des Körpers über Nerven, Hormone, Immunsystem, und der
    • Reaktionsfähigkeit, also einer angemessenen Reaktion auf Reize mit Hilfe des Nervensystems und Bewegungsapparates
  • Wachstumsfähigkeit = Körperwachstum, Regeneration, Heilungsfähigkeit
    • Differenzierung = Spezialisierung der Zellen zu Organsystemen
  • Reproduktionsfähigkeit = Zeugung, Vererbung, Zellteilung, aber auch die Fähigkeit zum
    • Sterben = Apoptose = programmierter Zelltod durch die innere biologische Uhr in den Zellen
    • jede Zelle teilt sich, mit Ausnahmen, gemäß der aktuellen Telomer-Forschung 50- bis 70-mal, bevor sie in den Ruhezustand übergeht oder abstirbt

Bis heute ist nicht geklärt, ob Viren alle Kriterien für Lebewesen erfüllen oder lediglich als infektiöse Partikel gelten. Die meisten Wissenschaftler stufen Viren aufgrund ihres fehlenden eigenen Stoffwechsels und ihrer Unfähigkeit zur selbstständigen Vermehrung nicht als Lebewesen ein, doch ihre Fähigkeit zur Evolution und genetischen Anpassung ist enorm. Vielleicht liefern sie sogar den Ursprung des Lebens auf diesem Planeten?

 

Regulationsvorgänge des Körpers

  • Homöostase bezeichnet den Zustand des Gleichgewichts innerhalb eines biologischen Systems, der durch interne Regelmechanismen aufrechterhalten wird. Ihr Ziel ist es, trotz äußerer Veränderungen stabile Bedingungen zu gewährleisten.
  • Fließgleichgewicht, auch dynamisches Gleichgewicht, beschreibt die Zustände in offenen Systemen, in die Substanzen oder Energien einströmen und ausströmen. Ziel ist es, dabei die Konzentrationen der beteiligten Stoffe relativ konstant zu halten.

 

Das Fließgleichgewicht wird durch komplexe Regelkreise aufrechterhalten, in denen der Hypothalamus eine zentrale Rolle spielt. Er fungiert, zusammen mit Hormonsystem und Nervensystem, als Regulator. Diese Mechanismen steuern den Blutkreislauf, die Körpertemperatur, den Säure-Basen-Haushalt, den Wasser- und Elektrolythaushalt und alle weiteren.

 

Umgebungsbedingungen für Lebewesen

  • Alles Leben begann im Wasser.
  • Im Wasser werden geringere Anpassungsanforderungen gestellt als auf dem Land, da dort gleichmäßigere Lebensbedingungen herrschen.
  • Der Mensch, und mit ihm viele Tiere und Pflanzen, ist in der Lage, in sehr vielen Klimazonen zu leben und sich mit Kleidung und Behausung an unterschiedlichste Bedingungen anzupassen.
  • Im Wasser kann der Mensch nicht leben, obwohl auch seine vorgeburtliche Entwicklung in einem basischen Vollbad begonnen hat.

 

Das innere Milieu muss sich lebenslang anpassen

Es muss …

  • die Blutversorgung beim Übergang vom Liegen zum Stehen über die Blutdruckregulation ausgleichen
  • eine adäquate Reaktion auf Krankheitserreger in Gang setzen und bei Bedarf Fieber erzeugen
  • Appetit, Hunger, Durst und Ausscheidung regeln
  • es für eine sinnvolle Aufnahme von Nahrung und Ausscheidung sorgen; dies betrifft sowohl den Metabolismus des Gesamtorganismus als auch jeder einzelnen Zelle

 

Die Komplexität dieser Regelvorgänge wird meist erst bei Störungen bewusst. Beispiele hierfür sind Inkontinenz, Hypertonie, Fresssucht, Diabetes, Allergien, Autoimmunerkrankungen.

 
 

[2]   Klassiker sind die künstliche Hüfte, das Schulter- und das Kniegelenk.

[3] Orthesen sind individuell angepasste orthopädischen Hilfsmittel und werden nach Verletzungen oder bei Verschleißerkrankungen eingesetzt, um Bänder oder Gelenke zu stabilisieren, zu entlasten oder zu mobilisieren. Sie bestehen aus Hightech-Materialien und ausgeklügelten Mechaniken, und können an praktisch allen Gliedmaßen verwendet werden, um die Funktionalität des Bewegungsapparats gezielt zu unterstützen.

[4] Exoprothesen werden sowohl nach Amputationen medizinisch eingesetzt als auch zur Leistungssteigerung in der Armee für Soldaten.

[5] Theoretisch tritt der Tod ein, wenn die Telomere lebenswichtiger Körperzellen maximal verkürzt sind. Wäre es möglich, diesen Prozess umzukehren, könnte Unsterblichkeit die Folge sein. Diese Zustände kommen in der Natur sogar vor: der Süßwasser-Polyp Hydra lebt ewig, und die Qualle Turritopsis dohrnii ist in der Lage, beliebig oft in das Stadium ihrer Jugend zurückzukehren, um anschließend erneut zu altern.

[6] Ausnahmen sind Stammzellen, Gedächtniszellen und Krebszellen. Sie sind in der Lage, ihre Telomere zu verlängern. Andere Zellen wie Eizellen, Nervenzellen und Herzmuskelzellen teilen sich sehr langsam bis gar nicht, so dass sie ihre Telomere nie aufbrauchen.

[7] Diskutiert werden Hypothesen, nach denen Viren entweder direkt an der Entstehung des Lebens beteiligt waren oder zumindest entscheidende Impulse für die Entwicklung komplexer Lebensformen geliefert haben.