Immunsystem

 

Politiker besitzen Immunität. In der antiken römischen Rechtssprache bedeutete immunis die Freiheit von Abgaben, und wird heute gleichermaßen bei Politikern als Schutz vor Strafverfolgung verwendet.

 

Diese Bedeutung wurde ab Beginn des 19. Jahrhunderts[1] als medizinischer Terminus übernommen. Heute ist damit der Schutz des Körpers vor Krankheitserregern gemeint.

 

Zum Immunsystem gehören Organe wie Thymus, Knochenmark, Milz, Lymphknoten und Blutbestandteile.

 

Die Blutbestandteile sind insbesondere B-Lymphozyten, die Antikörper bilden und T-Lymphozyten, die Immunreaktionen modulieren und infizierte Zellen zerstören. Makrophagen sind wichtige Fresszellen und aktivieren die Abwehr.

 

Unterteilung der Immunabwehr

Die Immunabwehr wird …

  • in die unspezifische & nicht lernfähige Abwehr und
  • in die spezifische & lernfähige Abwehr unterteilt.

Die unspezifische Abwehr ist angeboren; sie reagiert rasch und breit gegen fremde Erreger. Die spezifische Abwehr ist nicht angeboren; sie reagiert präzise auf einzelne Erreger.

 

Zusätzlich wird zwischen humoraler[2] und zellulärer Abwehr unterschieden:

  • Humorale Immunabwehr erfolgt über gelöste Faktoren
    • Antikörper und Komplementproteine im Blut
  • Zelluläre Immunabwehr wird durch spezielle Immunzellen vermittelt:
    • T-Lymphozyten
    • B-Lymphozyten
    • Makrophagen und Granulozyten

 

Beide Systeme, also unspezifisch und spezifisch, sind sowohl mit humoralen als auch mit zellulären Komponenten ausgestattet und arbeiten eng zusammen, um den Körper vor Infektionen zu schützen.

 

Spezifische und unspezifische Komponenten der Immunabwehr

1. Spezifische zelluläre Abwehr

3. Spezifische humorale Abwehr

2. Unspezifische zelluläre Abwehr

4. Unspezifische humorale Abwehr

 

 

Unspezifische und spezifische Komponenten der Abwehr

1. Spezifische zelluläre Abwehr

T-Lymphozyten[3] werden im Knochenmark gebildet und im Thymus für ihre Erkennungsaufgaben geprägt. Sie binden sich mit ihren Rezeptoren an Krankheitserreger, wodurch diese unschädlich werden.

 

Differenzierungen lassen Untergruppen wie Gedächtniszellen, Effektorzellen, Killerzellen, Helferzellen und Suppressorzellen entstehen, welche die Immunantwort modulieren.

 

➡️ Es entsteht lebenslange Immunität.

 

 

2. Spezifische humorale Abwehr

B-Lymphozyten[4] entstehen im Knochenmark und werden dort für ihre Abwehrfunktionen geschult. Nach Kontakt mit einem Antigen[5] produzieren sie bis zu 2.000 Antikörper[6] pro Sekunde. Zusätzlich bilden sie Gedächtniszellen, die Krankheitserreger lebenslang wiedererkennen und dadurch dauerhafte Immunität ermöglichen.

 

Gedächtniszellen erinnern ihr seinerzeit erkanntes Antigen bei erneutem Kontakt wieder und können es unmittelbar eliminieren.

 

➡️ Es entsteht lebenslange Immunität.

 

3. Unspezifische zelluläre Abwehr

Makrophagen und Mikrophagen sind Zellen aus der Gruppe der Leukozyten. Sie können Krankheitsverursacher phagozitieren und auflösen. Dieser Vorgang wird Lyse genannt.

 

➡️ Es entsteht keine Immunität.

 

Zellen, die zur Phagozytose fähig sind, werden durch Zellgifte, Zerfallsstoffe und fremde Zellen angelockt (Chemotaxis). Sie wandern gezielt zum Ort der Infektion oder Schädigung. Auf diese Weise werden auch Krebszellen zerstört, die teils selbst Abwehrzellen mit Hilfe von Tumormarkern anlocken.

 

4. Unspezifische humorale Abwehr

Die Zellen dieses Abwehrsystems sind nicht lernfähig. Sie reagieren bei jedem Neukontakt auf Krankheitserreger oder artfremde Substanzen wie beim ersten Mal.

 

➡️ Es entsteht keine Immunität.

 

An dieser Art der Abwehr sind zahlreiche Substanzen beteiligt, die lebenslang im Blut und Gewebe zirkulieren. Diese bestehen aus komplexen Zucker-Eiweißbausteinen und werden unter dem Begriff Komplementsystem zusammengefasst. Sie fördern die Arbeit der Leukozyten und Lymphozyten.

 

Medikamente mit Interferonen[7] werden bei schweren Krankheiten vermehrt zur Stärkung des Immunsystems eingesetzt.

 

 

Beteiligte Abwehrorgane

Die spezifische Abwehr ist ein komplexes System, in dem B- und T-Lymphozyten zentrale Funktionen übernehmen. Sie werden in lymphatischen Organen geprägt und verbleiben dort bis zu ihrem Einsatz in Warteposition.

 

Lymphatische Organe

Thymus

Prägungsort der T-Lymphozyten

 

Lymphknoten und Lymphbahnen

Transport, Reinigung und Filterung der Lymphe

 

Milz

weiße Pulpa: Warteposition von B-Lymphozyten

rote Pulpa: Ausmusterung überalterter Erythrozyten

 

Tonsillen = Mandeln

Warteposition von Lymphozyten
zur Abwehr im lymphatischen Rachenring

 

Appendix = Bauchtonsille

Überwachung des Darm-Mikrobioms

 

 

Impfungen

 

1796 führte der englische Arzt Edward Jenner die erste Impfung durch, indem er dem achtjährigen James Eiter aus der Kuhpockenpustel einer Milchmagd in eine kleine Hautwunde einbrachte. Sechs Wochen später wurde James mit Menschenpocken infiziert. Das Kind erkrankte nicht an Pocken, was den grundlegenden Schutz der Impfung bewies.

 

Impfungen trainieren das Immunsystem, indem sie Bestandteile von Krankheitserregern verwenden und mit ihnen eine Abwehrreaktion auslösen, ohne es zum Krankheitsausbruch kommen zu lassen. Dadurch kann der Körper einen Erreger bei späterem Kontakt schnell erkennen und leichter bekämpfen, was Infektionen entweder verhindert oder abgeschwächt verlaufen lässt.

 

 

Impfschutz

Impfstoffe nutzen die Fähigkeiten des Immunsystems zum Schutz vor Krankheitserregern. Doch im Gegensatz zur selbst erworbenen lebenslangen Immunität ist der Impfschutz meist zeitlich begrenzt.

 

Beispiele für die Dauer des Impfschutzes

Corona

6 bis 12 Monate

Tetanus

10 Jahre

Grippe

1 Jahr

Hepatitis-B

10 bis 20 Jahre

Polio = Kindelähmung

10 bis 20 Jahre

Masern

lebenslanger Schutz bei Zweifachimpfung

 

 

Impfkritik

  • Krankheitsrückgang durch bessere Hygiene und Lebensbedingungen
  • Zweifel an der Wirksamkeit von Impfstoffen
  • Wunsch nach individueller Entscheidungsfreiheit und Ablehnung von Impfdruck oder Impfpflicht
  • Angst vor Nebenwirkungen, Impfschäden oder Langzeitfolgen
  • Misstrauen gegenüber Behörden und Interessengruppen
  • Eine natürliche Infektion besser schützt als eine Impfung

 

Impfpflicht

  • In der Schweiz existiert keine Impfpflicht, die Entscheidung zur Impfung beruht auf dem Prinzip der Selbstbestimmung und Freiwilligkeit.
  • In Deutschland besteht im Gesundheitswesen für bestimmte Berufsgruppen eine Impfpflicht, während für die übrige Bevölkerung keine Impfpflicht besteht.
  • In Frankreich, Italien und Polen besteht Impfpflicht gegen einige Kinderkrankheiten, welche bei der Einschulung überwacht wird.

 

Historie

In der Nachkriegszeit bestanden in der Schweiz und in Deutschland Impfpflichten gegen Pocken. Alle mussten sich impfen lassen, andernfalls drohten teilweise Geldstrafen, Schulausschluss oder Entlassung. Diese Verpflichtungen wurden erst nach der Ausrottung der Pocken in den 1970er Jahren aufgehoben.

 

Passive Impfung

Die Gabe von Antikörpern führt zu einer sofortigen, jedoch nur kurz andauernden Immunität, da diese Stoffe rasch wieder abgebaut werden.

  • Diese Art der Impfung wird bei akuter Ansteckung oder akuter
    Ansteckungsgefahr angewendet.

Aktive Impfung

Der Organismus bekommt abgeschwächte oder abgetötete Krankheitserreger zugeführt, damit er selbst eine Immunantwort darauf erzeugt. Der Schutz tritt nach einer Woche ein und hält oft über Jahre bis Jahrzehnte.

  • Diese Art der Impfung wird als Prophylaxe angewendet.

mRNA-Impfung

Im Labor designte Impfstoffe bestehend aus mRNA[8]. Dieser blockeren die Bildung von Virus-Genen und damit deren Vermehrung innerhalb der Körperzellen.

  • Erstmals im Zusammenhang mit der Corona-Pandemie 2020 eingesetzt.
 

[1] Das Verständnis der Immunologie wandelte sich im 19. Jahrhundert mit erstaunlichen Entdeckungen. Wegbereitende Beiträge leisteten Edward Jenner (erste Impfung; vorletzte Seite), Ignatz Semmelweis (Händedesinfektion), Rudolph Virchow (Hygiene), Louis Pasteur (Pasteurisierung), Paul Ehrlich (Tetanus-Impfung) und Emil von Behring (Diphtherie-Impfung).

[2] humoral = die Körperflüssigkeiten betreffend

[3] Das T steht für Thymus

[4] Das B steht für Bone marrow = Knochenmark.

[5] Antigene sind Strukturen (Krankheitserreger, Protein, Kohlenhydrat, Lipid), die vom Immunsystem als fremd erkannt werden. Typische Antigene kommen auf den Oberflächen von Viren, Bakterien und anderen Krankheitserregern vor.

[6] Antikörper sind Eiweißmoleküle des Immunsystems, Sie werden auch Immunglobuline genannt und mit IgA, IgG, IgE und IgM abgekürzt. Antigen-Antikörper-Komplexe binden Krankheitskeime.

[7] Interferone (IFN) werden sowohl vom Immunsystem selbst produziert als auch medikamentös verabreicht. Beispiele sind Avonex, Betaferon, Rebif bei MS = Multiple Sklerose.

[8] mRNA = Messenger-RNA ist ein Molekül, das die genetische Information von der DNA zu den Ribosomen überträgt und dort als Bauanleitung für die Proteinsynthese dient.