UroGenital


Nieren und Blase

Aufgaben:

Die Aufgaben des Harnapparates sind:

  • In Wasser lösliche Ausscheidungsprodukte aus dem Blut heraus zu filtern und über die harnableitenden Wege aus dem Körper heraus zu transportieren:
    • Harnsäure und Harnstoff aus dem Eiweißstoffwechsel
    • Kreatinin aus dem Muskelstoffwechsel
    • Metabolite, Farbstoffe
    • Arzneimittelreste
  • Den Wasserhaushalt zu regulieren.
  • Den Salzhaushalt zu regulieren.
  • Den pH-Wert des Blutes aufrecht zu erhalten.
  • Die Hormonproduktion zur Aufrechterhaltung des Blutvolumens
  • Stimulation der Erythropoese[1]

 

Nieren (Ren)

Die Nieren liegen hinter der Bauchhöhle (retroperitoneal) beidseits der Wirbelsäule in Nierenlagern in der Lendengegend. Die rechte Niere liegt auf Grund der Raumforderung der Leber etwas tiefer als die linke Niere. Ihre Position halten sie im Wesentlichen durch ihre Blutgefäße, durch die sie mit der Aorta und der Vena cava verbunden sind.

 

Jede Niere hat ca. 1,2 Millionen Nephrons, die in das Nierenbecken münden. Im Schnittpräparat der Nieren erkennt man die dunklere Nierenrinde sowie das hellere Nierenmark mit den Nierenpyramiden. 8 bis 12 derartiger Pyramiden sind pro Niere erkennbar. Mit ihrer Spitze münden sie alle gemeinsam in das Nierenbecken ein.

 

 

Nebennieren

Auf den oberen Nierenpolen sitzen die Nebennieren auf, welche eigene Organe (Hormondrüsen) sind und daher beim endokrinen System besprochen werden.

 

Arbeitsweise der Nieren

Beide Nieren gemeinsam werden pro Tag von ca. 1.600 Litern Blut durchströmt. Aus diesen wird ca. 160 Liter Primärharn und schließlich ca. 1,6 Liter Endharn gebildet.

 

 

Im Folgenden wird die Arbeitsweise eines einzelnen Nephrons beschrieben:

  • Durch die Vas afferens fließt arterielles Blut in die Bowman-Kapsel hinein. Dort wird ein sehr großes Flüssigkeitsvolumen abfiltriert. Der Rest fließt über die Vas efferens zum 2. Kapillarnetz.
  • Der so gewonnene Primärharn fließt durch den Tubulusapparat, wo der größte Teil des Primärharns in das 2. Kapillarnetz  zurück resorbiert wird.
  • In der Henn-Schleife wird noch einmal bereits produzierter Endharn, der via Sammelrohr in Richtung Nierenbecken abfließt, zurück resorbiert. Auf diese Weise sind die Nieren in der Lage, bei Flüssigkeitsüberschuss großzügig und bei Flüssigkeitsmangel sparsam mit der Endharnproduktion umzugehen.
  • In den Nierenbecken münden alle Sammelrohre, von wo aus der Endharn via Harnleiter (Ureter) mit Hilfe peristaltischer Wellen in die Blase abfließen kann.

 

 

Juxtaglomerulärer Apparat

Durch permanente Messung von Blutdruck und Blutvolumen wird im Juxtaglomerulären Apparat und der Macula densa ermittelt, ob durch das Signal „Durst“ vermehrt Wasser und Salz aufgenommen oder durch Diurese[2] das Blutvolumen vermindert werden soll.

 

Bei Flüssigkeitsmangel wird hier das Hormon Renin ausgeschüttet, welches Durstgefühl erzeugt. Weiterhin fördert es die Ausschüttung von weiteren Hormonen wie dem Aldosteron  der Nebennieren. Dieses wirkt  auf den Salzhaushalt ein, indem Salz in den Nieren zurück gehalten wird.

 

(Vergleiche hierzu: Endokrines System, Renin-Angiotensin-Aldosteron-System.)

 

Zusammensetzung des Harns

Der Endharn besteht aus

  • 95% Wasser
  • Gallenfarbstoffen = Urochrome (gelbe Farbe) aus dem Abbau des Hämoglobins
  • Sauren und basischen Valenzen: Beim Fleischköstler ist der Urin eher saurer, beim Vegetarier eher basischer
  • Harnstoff (aus dem Eiweißstoffwechsel)
  • Harnsäure (aus dem Zellstoffwechsel)
  • Kreatinin (aus dem Muskelstoffwechsel)
  • Natrium, Kalium und andere Mineralien
  • Medikamentenreste, insbesondere Hormone (Pille!)
  • Pathologisch können vorkommen: Eiweiße, Glukose, Blutzellen

 

Ableitende Harnwege und Blase

Von den Nierenbecken ausgehend wird der Harn über die ca. 25 cm langen Ureter (Harnleiter) in peristaltischen Wellen in die Harnblase transportiert. Die Wand des Harnleiters ist innen mit einer Schleimhaut ausgekleidet und besitzt eine kräftige Muskulatur.

 

 

Unter dem Bauchfell liegt die Harnblase hinter dem Schambein (Symphyse) am Beckenboden. Je nach Füllungszustand wechselt die Größe der Blase erheblich und kann bei Maximalfüllung gut über das Schambein hinaus reichen.

Ab 350 ml entsteht Harndrang, ca. 700 ml können gerade noch ertragen werden, das Fassungsvermögen der Blase beträgt jedoch 2.000 ml = 2 Liter.

 

 

Die Muskulatur der Blase erlaubt eine rasche und kräftige Anpassung an Volumenveränderungen, wobei der Blasendruck bei Entleerung nicht nachlässt. Auch hier schützt ein spezielles Epithel die Blasenmuskulatur vor dem (ggf. sehr sauren) Harn.

 

Wie auch das Rektum verfügt die Blase an ihrem Ausgang über zwei Schließmuskeln, von denen der innere unwillkürlich ist und vom vegetativen Nervensystem gesteuert wird, während der äußere willkürlich ist.

 

  • Unter dem Einfluss des Sympathikus erschlafft die Blasenmuskulatur (Detrusor) und der innere Schließmuskel kontrahiert.
  • Der Parasympathikus bewirkt eine Anspannung des Blasenmuskels und der M. sphincter urethrae internus erschlafft, was zur Entleerung der Blase führt.

 

Über die Harnröhre fließt der Harn aus der Harnblase ab:

  • Beim Mann ist die Harnröhre ca. 25 cm lang und es münden noch Samenwege und ein Gang für Prostatasekrete ein. Weiterhin geht die Harnröhre durch die Prostata und den Penisschwellkörper hindurch.
  • Bei der Frau ist die Harnröhre ca. 4 cm lang und mündet im Scheidenvorhof (Vestibulum) nahe der Klitoris.

 

Die Geschlechtsorgane

Im Augenblick der Verschmelzung von Samen und Eizelle steht zwar das genetische Geschlecht auf Grund der Chromosomenverteilung fest (xx = Frau, xy = Mann), die Geschlechtsorgane nehmen jedoch teilweise erst kurz vor und nach der Geburt ihren endgültigen Platz ein: Hoden bzw. Ovarien wandern aus dem Bauchraum nach unten in das Skrotum (Hodensack) bzw. Becken.

 

 

Sekundäre Geschlechtsmerkmale (Behaarung, Brüste, Stimmlage, Körperbau) entwickeln sich erst mit der Pubertät geschlechtsspezifisch aus.

 

 

Primäre Geschlechtsorgane sind alle Organe, die unmittelbar der Fortpflanzung dienen: Hoden, Nebenhoden, Samenwege, Penis bzw. Ovarien, Tuben, Uterus, Vagina, Vulva.

 

Männliche Geschlechtsorgane

Samenzellen, die in den Hoden ab der Pubertät lebenslang produziert werden (Spermatogenese), werden in den Nebenhoden gespeichert. Bei der    Ejakulation gelangen 200 bis 300 Millionen Spermien über die Samenleiter in die Prostata, wo sie mit Prostatasekreten im Verhältnis 1 zu 9 angereichert werden. Erst mit Hilfe dieser Sekrete erlangen die Spermien ihre Beweglichkeit. Unterhalb von 40 Millionen Spermien besteht das Risiko von Unfruchtbarkeit von Seiten des Mannes.

 

Erektion und Ejakulation werden vom vegetativen Nervensystem gesteuert:

  • Erektion: Parasympathikus
  • Ejakulation: Sympathikus

 

Die Entwicklung und Lagerung der Spermien im Hodensack außerhalb des Rumpfes entziehen sich diese der für sie schädlichen Körpertemperatur.

 

In den Leydig-Zwischenzellen der Hoden wird das männliche Geschlechtshormon Testosteron gebildet.

 

Testosteron fördert die Produktion von Spermien, das Wachstum der äußeren Geschlechtsorgane, der sekundären Geschlechtsmerkmale und das geschlechtsspezifische Verhalten. Beim Mann ist die Testosteron-Konzentration ca. 15-mal höher als bei der Frau und sinkt im Alter langsam ab.

 

 

Weibliche Geschlechtsorgane

In den Ovarien wachsen die Eizellen zyklusabhängig heran und gelangen nach dem Eisprung in den Eileiter. Wird ein Ei nicht befruchtet, geht es nach 12 Stunden zu Grunde und es kommt ca. 15 Tage später zur Abbruchblutung der Uterusschleimhaut.

 

Wurde das Ei befruchtet, nistet sich dieses in die Schleimhaut des Uterus ein. Das Gelbkörperhormon aktiviert die Hypophyse, die wiederum komplexen Vorbereitungen für den weiblichen Organismus zur Austragung der Frucht sicherstellt. Die Uterusschleimhaut hypertrophiert, eine Plazenta zur Ernährung des heranwachsenden Embryos entsteht und nach 263 bis 269 Tagen kommt es nach wiederholten Kontraktionen der Gebärmutter zur Austreibung des Kindes.

 

 

 

Der Beckenboden

 

Als Beckenboden wird der bindegewebig-muskulöse Boden der Beckenhöhle bezeichnet.

Er wird unter anderem durch den Musculus levator ani gebildet. Auf Grund der Körperhaltung und Beckenstellung bezeichnet der Begriff „Beckenboden“ die von Scham- und Sitzbein gebildete Fläche.

Er wird unterteilt in:

  • das Diaphragma pelvis: hinterer Beckenbodenteil, beidseits vom Musculus levator ani, durchbrochen vom Mastdarm
  • das Diaphragma urogenitale: vorderer Beckenbodenteil, gebildet von Musculus transversus perinei profundus und superficialis (und ihrer Faszien), Durchtritt der Harnröhre, bei der Frau auch der Vagina

 

Funktionen:

Der Beckenboden hat drei Hauptfunktionen:

  1. anspannen,
  2. entspannen,
  3. reflektorisch gegenhalten (anspannen als Reaktion auf eine Druckerhöhung im Bauchraum).

Anspannen ist wichtig zur Sicherung der Kontinenz bei Frauen und Männern. Dabei unterstützt die Beckenbodenmuskulatur maßgeblich den unteren Teil der Harnröhre, die Schließmuskeln der Harnblase und des Anus.

Der Beckenboden entspannt sich beim Wasserlassen, beim Stuhlgang und beim Geschlechtsverkehr und während der Geburt.

Reflektorisch gegenhalten muss der Beckenboden beim Husten, Niesen, Lachen, Hüpfen, schweren Lasten tragen usw.; sonst kann es zum Harnverlust kommen (tröpfeln).

Bei Frauen kann die Beckenbodenmuskulatur durch Geburten geschwächt werden, was zu mangelnder Kontrolle der Ausscheidungsorgane, Blasensenkung und zur Senkung der Gebärmutter (durch Überdehnung der Mutterbänder) führen kann. Diese Schwäche kann aber in den meisten Fällen durch geeignetes Training wieder behoben werden.

Bei Frauen und Männern wird der Beckenboden durch Übergewicht, chronische körperliche Überlastung, schlechte Haltung, Operationen im kleinen Becken und teilweise durch Medikamente (Hormone, Psychopharmaka) geschwächt.

 

[1] Neubildung der Erythrozyten

[2] Wasserlassen