Peripheres Nervensystem = PNS

 

Das periphere Nervensystem umfasst alle Nerven und Nervenzellansammlungen außerhalb des ZNS, also außerhalb von Gehirn und Rückenmark. Das PNS verbindet das zentrale Nervensystem mit allen Rezeptorzellen, den Muskeln und Organen des Körpers. Damit ermöglicht es die Übertragung von sensorischen Informationen und motorischen Befehlen.

 

Periphere Nerven

  • Afferente Nervenfasern
    • sind zum ZNS hinführende Nerven ⬆️
    • und übermitteln sensorische Informationen
  • Efferente Nervenfasern
    • sind vom ZNS wegführende Nerven ⬇️
    • und übermitteln motorische Befehle

 

Dazu gehören auch

  • Vegetative Fasern
    • Nerven des Vegetativen Nervensystems
      • Sympathikus ⬆️⬇️
      • Parasympathikus ⬆️⬇️
  • Somatische Fasern
    • alle übrigen Nervenfasern wie zum Beispiel
    • Schmerzrezeptoren der Haut = afferente Fasern ⬆️
    • Nerven zur Skelettmuskulatur = efferente Fasern ⬇️

 

Im Gegensatz zu der klaren Nervenfaser-Gliederung im Rückenmark enthalten alle peripheren Nerven eine bunte Mischung aus motorischen ⬇️, sensorischen ⬆️ und vegetativen Fasern ⬆️⬇️, die dort parallel verlaufen.

 

Spinalnerven

Rechts und links verlassen Nerven aus den Wirbellöchern (Foramina intervertebralia) das Rückenmark. Abgeleitet von dem Begriff Spina (Wirbelsäule[1]) werden diese Spinalnerven genannt. Sie liegen stets paarig vor.

 

Auch sie sind gemischtfaserig und enthalten motorische ⬇️, sensorische ⬆️ und vegetative Nervenfasern ⬆️⬇️ zur Informationsübertragung zwischen ZNS und Organismus.

 

31 Spinalnerven-Paare[2] und ihre Rückenmarkssegmente

8     zervikale Nervenpaare

C1 bis C8[3]

12   thorakale Nervenpaare

Th1 bis Th12

5     lumbale Nervenpaare

L1 bis L5

5     sakrale Nervenpaare

S1 bis S5

1     kokzygeales Nervenpaar

Co1[4]

Im Halsbereich befinden sich 8 Spinalnervenpaare (C1 bis C8) bei nur 7 Halswirbeln (C1 bis C7). Daher ergibt die Summierung der Spinalnerven ein Nervenpaar mehr als Wirbelknochen.

 

Spinalnerven gehören zum Peripheren Nervensystem, da sie sich außerhalb des Rückenmarks befinden.

 

 

Ganglien

Ansammlungen von Nervenzellkörpern (Soma) im PNS bilden Verdickungen und werden Ganglien genannt[5]. Sie sind neuronale Umschaltstellen zur Verarbeitung, Um- und Weiterleitung von Nervenimpulsen.

 

Ganglien im Bauchraum

Lage

Organbezug

Chakra[6]

Ganglion coeliacum

Oberbauch

Magen, Leber, Milz, Pankreas, Nieren

Solarplexus

Manipura Chakra

Ganglion mesentericum superius

Mittlerer Bauch

Dünndarm, Dickdarm (teilweise)

Manipura Chakra

Ganglion mesentericum inferius

Unterbauch

Dickdarm (teilweise), Rektum

Svadhisthana Chakra

Ganglia aorticorenalia

Neben den Nierenarterien

Nieren, Nebennieren, Harnleiter

Manipura Chakra

 

Ganglien spielen eine wichtige Rolle bei der Steuerung und Koordination des Bewegungsapparates, bei Reflexen sowie bei der Übertragung vegetativer Signale.

 

 

Grenzstrang

Parallel zur Wirbelsäule befindet sich beidseitig der Grenzstrang (Truncus sympathicus). 22 bis 25 Ganglien verlaufen paarig entlang der Wirbelsäule von der Schädelbasis bis zum Steißbein. Sie sind Teil des sympathischen Nervensystems (Sympathikus)[7].

 

In den Ganglien des Grenzstrangs findet die Umschaltung von Nervenimpulsen statt, die innere Organe, Drüsen und Blutgefäße vegetativ fördern oder hemmen.

 

 

Reflexe

Unwillkürliche, rasche und stets gleichartige Reaktionen der Muskulatur auf auslösende Reize werden angeborene Reflexe genannt[8]. Sie verlaufen über feste neuronale Schaltkreise, den Reflexbögen. Diese Art der Reflexe sind angeboren, so wie der Saug- und Schluckreflex des Säuglings.

Neurologisch getestet wird der Patellarsehnenreflex, zu dessen Auslösung die Patellarsehne oberhalb des Knies mit einem Hämmerchen kurz überdehnt wird. Folge ist die reflektorische Streckung des Kniegelenks.

 

Das Gehirn ist nicht beteiligt, die Umschaltung findet ausschließlich in den Rückenmarkssegmenten statt.

 

 

Vegetatives Nervensystem = VNS

Autonomes Nervensystem

 

Alle lebenswichtigen Körperfunktionen werden autonom und ohne willentliche Kontrolle durch das Großhirn vom Vegetativen Nervensystem gesteuert. Daher wird es auch Autonomes Nervensystem genannt.

 

Das Vegetative Nervensystem reguliert autonom das Herz-Kreislauf-System, die Verdauung, den Stoffwechsel, den Hormonhaushalt sowie andere innere Prozesse des Körpers. Eine bewusste Steuerung dieser lebenswichtigen Abläufe ist weder möglich noch erforderlich.

 

Die Atmung nimmt eine Sonderstellung ein, da sie im Gegensatz zu anderen vegetativen Funktionen sowohl autonom als auch bewusst kontrollierbar ist.

 

Das Vegetative Nervensystem übermittelt Bedürfnisse und Zustände wie Hunger, Durst, Harndrang, Defäkationsdrang, Schwitzen, Frieren, Sexualtrieb, Hormonstatus, Körpertemperatur sowie Dehnung innerer Organe an das Großhirn. Diese Signale lösen bewusst wahrnehmbare Empfindungen aus und fordern gezieltes Verhalten, um das innere Gleichgewicht, die Homöostase, des Körpers aufrechtzuerhalten.

 

Gliederung des Vegetativen Nervensystems

Das VNS gliedert sich in das  

  • Sympathische Nervensystem,
  • Parasympathische Nervensystem und das
  • Enterische Nervensystem[9] mit unterschiedlichen Aufgaben.

 

Sympathikus und Parasympathikus wirken sowohl gegensätzlich (antagonistisch) als auch miteinander (synergistisch), das Enterische Nervensystem weitgehend autonom.

 

Sympathikus

Die Nerven des Sympathikus verlaufen überwiegend durch das Rückenmark und durch den parallel liegenden Grenzstrang. Seine Wirkung ist aktivitätsanregend.

Seine Neurotransmitter sind Acetylcholin, Adrenalin und Noradrenalin.

 

Beispiele

  • Bewegung, Prüfung, Stress
  • Anregung durch Stimulanzien wie Kaffee, Cola, Schwarztee
  • Hemmung der Aktivität von Magen und Darm nach Nahrungsaufnahme

 

Sympathikus und Parasympathikus

 

Parasympathikus

Die Nerven des Parasympathikus verlaufen überwiegend mäandernd durch Kopf und Rumpf. Seine Wirkung ist beruhigend und regenerierend.

Sein Neurotransmitter ist Acetylcholin.

 

Beispiele

  • Ruhebedürfnis nach Nahrungsaufnahme, Schlaf
  • Beruhigung durch Alkohol, Nikotin
  • Vertiefung der Atmung in der Ruhe
  • Förderung der Aktivität von Magen und Darm nach Nahrungsaufnahme

Der wichtigste Nerv des Parasympathikus ist der X. Hirnnerv Vagus und wird oftmals mit ihm gleichgesetzt.[10]

 

Verlauf und Aufgaben

  • Ursprung im Hirnstamm (Medulla oblongata)
  • verläuft durch Hals, Brustkorb und Bauchraum
  • innerviert Augen, Herz, Lungen, Verdauungsorgane, Blase, Genitalien

 

Homöostase

Sympathikus und Parasympathikus gelten als Gegenspieler (Antagonisten), da sie entgegengesetzte Körperfunktionen regulieren. Gemeinsam sind sie jedoch wesentlich an der Aufrechterhaltung des inneren Gleichgewichts (der Homöostase) beteiligt und bewirken optimale Organfunktionen in jeder Lebenslage.

 

Organ

Sympathikus

Parasympathikus

Speicheldrüsen

trockener Mund

Speichelfluß

Herz

erhöhte Herzfrequenz

verringerte Herzfrequenz

Bronchien

Einatmung

Ausatmung

Verdauung

Hemmung

Förderung

Genitalien

Orgasmus

Erektion

 

 

Darmwandnervensystem

 

Das Darmwandnervensystem (Enterisches Nervensystem, ENS) ist ein eigenständiger Teil des vegetativen Nervensystems und durchzieht den gesamten Magen-Darm-Trakt von der Speiseröhre bis zum Anus. Es arbeitet weitgehend autonom, kann aber durch Sympathikus und Parasympathikus beeinflusst werden. Der Parasympathikus steigert Motilität und Sekretion, der Sympathikus hemmt diese Prozesse.

 

Die Steuerung der Darmwandmuskulatur und seiner Drüsen geschieht über 100 Millionen Neuronen; ähnlich viele befinden sich im Rückenmark. Bei seiner Entdeckung wurde das ENS als Bauchhirn bezeichnet und ist unter diesem einprägsamen Namen sehr geläufig geblieben[11].

 

Bedeutung und Wirkung

Das ZNS kann nur einen begrenzten Einfluss auf das ENS ausüben, insbesondere über den Vagus. Doch viele afferente Nervenfasern leiten Informationen vom Darm zum Gehirn ⬆️. Diese Signale nehmen starken Einfluss auf Emotionen, Verhalten und kognitive Prozesse[12].

 

Der wichtigste Neurotransmitter ist Serotonin. 90 % des Gesamtkörperserotonins werden von den Zellen der Darmschleimhaut produziert, während 10 % vom ZNS kommen. Serotonin beeinflusst die Darmmotilität und spielt im Gehirn eine Schlüsselrolle für Stimmungslagen, emotionales Erleben und das Wohlbefinden. Deshalb wird es umgangssprachlich als Glückshormon bezeichnet.

Dermatome

Dermatome sind Hautareale, die von sensiblen (afferenten ⬆️) Nervenfasern eines Rückenmarkssegments versorgt werden. Sie stellen die Hautabschnitte dar, über die sensorische Informationen wie Berührung, Schmerz, Temperatur über ein Spinalnervenpaar zum Rückenmark weitergeleitet werden.

 

Einteilung der Dermatome

  • Das Rückenmark ist in Segmente unterteilt.
  • Jedes Segment ist Ursprung für ein Spinalnervenpaar.
  • Jeder Spinalnerv versorgt ein klar abgegrenztes Hautareal. Dieses wird Dermatom[13] genannt.
  • Die Dermatome verlaufen streifenförmig um den Körper, wobei sich die Versorgungsgebiete der benachbarten Segmente geringfügig überschneiden.
  • Die Anzahl der Spinalnervenpaare definiert die Anzahl der Dermatome; in der Regel sind dies 31 Paare.

 

Medizinische Bedeutung

  • Dermatome ermöglichen es, neurologische Störungen zu lokalisieren.
  • Gefühlsverluste in spezifischen Hautbereichen können Hinweise auf Störungen in zugehörigen Rückenmarkssegmenten oder Spinalnerven geben.
  • Verletzungen, Entzündungen, Bandscheibenvorfälle und Nervenleiden lassen sich über die Dermatome neurologisch gut diagnostizieren.

Head-Zonen

Der englische Neurologe Sir Henry Head hatte entdeckt[14], dass bestimmte Zonen auf der Haut mit inneren Organen reflektorisch verbunden sind. Diese Zonen wurden Head-Zonen genannt.

 

In diesen Hautarealen können sich Missempfindungen oder Schmerzen als Folge von Erkrankungen innerer Organe manifestieren. Sie entstehen durch die segmentale Verschaltung vegetativer und willkürlicher Nerven im Rückenmark und spielen in der Diagnostik neurologischer Erkrankungen eine wichtige Rolle.

 

Auch ermöglichen die Head-Zonen eine gute therapeutische Erreichbarkeit der inneren Organe über diese Hautareale, sei es mit Akupunktur, manueller Therapie, Kräuterölen oder Duftstoffen.

 

[1] Je nach Kontext gibt es viele Übersetzungen für Spina. Eine von ihnen ist Wirbelsäule; bei der Spina bifida bedeutet er offener Rücken oder auch offene Wirbelsäule.

[2] Die Anzahl kann abweichen: 6 statt 5 Lendenwirbel ergeben ein Spinalnervenpaar mehr; sehr selten kommt es zur Ausbildung von 2 oder 3 Nervenpaaren im Kreuzbein-Bereich.

[3] Die lateinische Schreibweise für die Halswirbelnerven ist Nervi cervicales.

[4] Die lateinische Schreibweise für den Steißbeinnerv ist Nervus coccygeus. Es ist der letzte Spinalnerv, der aus dem Rückenmark austritt und den Schwanzbereich versorgt.

[5] Der deutsche Begriff Nervenknoten ist nicht mehr in Verwendung. Der Begriff Ganglion wird auch für Verdickungen und Knubbeln in Haut und Sehnen verwendet, sowie bei knöchernen Überbeinen. Diese sind hier nicht gemeint.

[6] Die Zuordnung Ganglien - Chakren entspricht yogisch-energetischen Beobachtungen:

Manipura Chakra

Solarplexus, Nabelchakra

Svadhisthana Chakra

Sakralchakra

 

[7] Der Name Sympathikus leitet sich von sympathisch an der Wirbelsäule entlang verlaufend ab.

[8] Oft wird vom Reflex gesprochen, wenn eine schnelle, erlernte Reaktion stattfindet oder eine Schutzhaltung eingenommen wird. Diese werden bedingte Reflexe genannt. Sie sind durch Konditionierung entstanden und können umgelernt werden.

[9] Geläufige Namen sind auch Bauchhirn und Darmwandnervensystem.

[10] Daraus resultieren Beschreibungen wie Vagotonie, Vagotoniker und vagotone Reaktions­lage

[11]Mitte des 19. Jahrhunderts entdeckten die Mediziner Auerbach und Meissner die Darmwandnervengeflechte und prägten den Begriff Bauchhirn. Im Jahr 2000 tauchte dieser im GEO-Heft im Artikel Wie der Bauch den Kopf bestimmt erneut auf und wurde im Anschluss vielfach zitiert und populär.

[12] … bis hin zum Brainfog, dem Nebel im Gehirn.

[13] Der Begriff Dermatom darf nicht mit einer Krankheit verwechselt werden, obwohl er mit seinem -om ähnlich klingt wie Adenom (Drüsentumor), Lipom (Fettgewebetumor), Myom (Muskeltumor), Lymphom (Krebs im lymphatischen System) und viele mehr.

[14] 1898 publizierte Head in einer britischen Fachzeitschrift über die Topografie der Hautareale und innere Erkrankungen.